Bauprojekte im Krankenhaus: Bauen mit Doppeleffekt

01.09.2016 | Fachbeiträge

Akzeptanz bei den Beschäftigten und Unterstützung des Bauherrn

Akzeptanz bei den Beschäftigten und Unterstützung des Bauherrn

Jedes Bauprojekt ist ein Veränderungsvorhaben. Und hier gibt es viele Faktoren, die den nachhaltigen Erfolg des Projektes sicherstellen. Speziell bei einem Bauprojekt sind zwei Erfordernisse besonders erfolgsrelevant: Wie gut sind die künftigen Nutzer des Baus eingebunden? Und welche Aufgaben müssen seitens der Bauherrschaft beachtet werden? Auf Basis von zwei Beispielen aus aktuell laufenden Mandaten stellen wir heute diese beiden Stellschrauben für erfolgreiche Bauprojekte vor.

Bauprojekte im Krankenhaus sind komplex: Stärker noch als bei einem „normalen“ Hausbau gibt es sehr viele gesundheitsrechtliche und technische Vorschriften und Besonderheiten zu beachten, denn hier werden keine Produkte hergestellt, sondern Menschen behandelt. Hinzu kommt, dass die baulichen Maßnahmen oft im laufenden Betrieb des Krankenhauses erfolgen müssen, mit Beeinträchtigungen, die damit einhergehen und möglichen Interimsmaßnahmen. In einem Krankenhaus gibt es eine Vielzahl an Akteuren im Prozess der Patientenversorgung; das bedeutet, dass alle Bereiche und Berufsgruppen, von der Verwaltung über die Logistik, die medizinisch-technischen Dienste bis zur Ärzteschaft und Pflege eingebunden sind, genauer noch: eingebunden werden müssen. Kurz gefasst: Es geht immer um die gesamte Betriebs- und Organisationsplanung im Krankenhaus.

 

Nutzereinbindung: Wie und wo arbeiten wir zukünftig?
Für den nachhaltigen Erfolg des Bauvorhabens kommt es, auf einer Skala zwischen null und 100 Prozent, auf das optimale Maß der Nutzereinbindung an. Null Prozent bedeuten dabei auch null Einbindung der Nutzer und damit starre Vorgaben und Übergabe des fertiggestellten Baus in den Betrieb. 100 Prozent Einbindung bedeuten ausführliche Diskussionen im Beisein aller Beteiligten sowie das Erfüllen aller Wünsche und aller einzelnen Anmerkungen. Ein Zustand, der unrealistisch ist, da es immer gegensätzliche Vorstellungen und Erfordernisse gibt. Die Kunst ist also, die optimale Nutzereinbindung im Projekt zu erwischen.


Aus der Beraterpraxis
Im ersten Halbjahr 2016 hat JOMEC für ein Universitätsklinikum in NRW ein Raumprogramm für den Umbau einer Klinik aufgestellt. Hier haben wir in moderierten Arbeitsgruppen die Ideen und Hinweise aller Nutzer aufgenommen. Diese Sitzungen mündeten in eine gemeinsame Dokumentation und es bestand zu jeder Zeit Transparenz über alle Berechnungen und Annahmen. Auf dieser Basis wurde die Soll- Betriebsorganisation hergeleitet; zugleich wurde aber auch entschieden, welche Ideen und Ansätze nicht weiter verfolgt wurden. Im Ergebnis bestand Konsens bei allen Beteiligten über die Art und Anzahl der notwendigen Räume und die Planung konnte weiter voranschreiten.
Diese Nutzereinbindung ist einer der zwei Erfolgsbausteine für Bauprojekte: Auf Augenhöhe und auf Basis gemeinsamer Kapazitäten und Berechnungen werden die Sollprozesse mit den Nutzern festgelegt und dokumentiert. Diese Betriebs- und Organisationsplanung ist maßgeblich und notwendig im Projektverlauf, parallel zur Arbeit der Architekten und Fachingenieure.


Bauherrschaft: Verantwortung teilen, Erfolg potenzieren
Die Bauherrschaft bei Projekten im Krankenhaus ist bei der Geschäftsführung angesiedelt. Hier laufen alle Entscheidungspfade zusammen und bei ihr liegt die Letztverantwortung für die Investitionskosten. Aber: Stimmt das so? Grundsätzlich müssen die Verantwortlichen in der Krankenhausleitung ihr Hauptaugenmerk auf die Strategie und Führung des Hauses legen. Es kommt für die Unternehmensleitung darauf an, das ideale Maß an Delegation zu finden. Hier müssen aber zwei Dinge beachtet werden. Einerseits haben nicht alle Verantwortlichen Erfahrung in mittleren und großen Krankenhausbau-Projekten. Andererseits müssen Kapazitäten in der Linie frei sein, um ein Projekt führen zu können.


Aus der Beraterpraxis - Praxisbeispiel I
Aktuell (Sommer 2016) begleitet JOMEC seit rund einem Jahr ein Großklinikum in Niedersachsen bei der Baulichen Gesamtentwicklungsplanung (Masterplan). Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der dortigen Abteilung Betriebsorganisation. Basierend auf Kapazitätsberechnungen und festgelegten Standards sind nun die erforderlichen Kapazitäten und Bauprojekte bis 2030 definiert; übrigens auch hier mit ausführlicher Nutzereinbindung und regelmäßigen Info-Terminen. Ganz bewusst hatte die Geschäftsführung diese Masterplan-Phase vorgeschaltet, um dem Klinikum einen roten Faden für die anstehenden Investitionen im Baubereich zu geben. Die Gesamtentwicklungsplanung ist nun vom Aufsichtsrat beschlossen und der erste Förderantrag für eines der Projekte gestellt.

 

Aus der Beraterpraxis - Praxisbeispiel II
In einem weiteren Projekt begleiten wir ein Haus in Rheinland-Pfalz bei der anstehenden Inbetriebnahme des OP-Neubaus zum Jahreswechsel 2016. JOMEC wurde beauftragt, mit einem halben Jahr Vorlaufzeit die einzelnen Schritte, Umzüge, Probeläufe etc. einzutakten, zusammen mit den hier relevanten Verantwortlichen in der Klinik. Die Geschäftsführung erlebt dies als Entlastung, denn durch die aufgebaute Projektstruktur ist eine reibungslose Inbetriebnahme gesichert.
Die Unterstützung der Bauherrschaft durch die Strukturierung von Verantwortlichkeiten und Prozessen ist der zweite Erfolgsbaustein. Speziell der externe Blick kann hier Potenziale und Gestaltungsräume entdecken, die im internen Arbeitsalltag manchmal nicht mehr sichtbar sind. Dabei können wir als Berater und Begleiter in der Umsetzung auf unsere Projekterfahrung zurückgreifen und / oder Projektspitzen abfangen. Insgesamt sollten Bauprojekte aus unserer Sicht genutzt werden, um Strukturen und Abläufe zu hinterfragen und Vorteile in den Prozessen zu heben. Die Investition und der –zusätzliche- Aufwand des Projektes rechnen sich in der Bilanz durch verbesserte Prozesskosten.

Dr. rer. medic Philip Engel ist JOMEC-Partner und begleitet Ihre Klinik im gesamten Verlauf eines Bauvorhabens: von der strategischen Masterplanung bis zur konkreten Inbetriebnahme.

Weitere Fachbeiträge des Autors:
Krankenhaus-Funktionsplanung I - Das Jahr, bevor der Architekt kommt
Krankenhaus-Funktionsplanung II - Inbetriebnahme: Abgleich von Plan und Umsetzung
Krankenhaus-Funktionsplanung III - Masterplan Klinikbau: Wenn es ans Umsetzen geht

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