Entlassungsmanagement - Wider die faulen Ausreden

24.02.2016 | Fachbeiträge

Wenn die plangerechte Entlassung nicht funktioniert, wird gern die ungesicherte Nachbehandlung als Grund genannt. Ob dies nur eine „faule“ Ausrede ist oder den Tatsachen entspricht, kann dahingestellt bleiben. Denn beides darf eigentlich nicht vorkommen.

Schließlich wurde das Entlassungsmanagement mit dem „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ ausdrücklich als Leistungsanspruch des Versicherten festgeschrieben. § 11 Abs. 4 SGB V spricht vom „Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche“ und nimmt dabei alle Leistungserbringer wechselseitig in die Pflicht.

Für die Krankenhausseite relevant sind die häufigen internen Koordinationsschwierigkeiten, die zu Verzögerung und Planungsfehlern bei der Entlassung führen. Sich stauende Aufnahmen, ad-hoc-Entlassungen, Belastungsspitzen und schlimmstenfalls Erlöseinbußen sind die negativen Folgen. Gute Kriterien und Arbeitshilfen zum Entlassungsmanagement liegen sowohl für den ärztlichen Dienst als auch für die Pflege vor.

Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) hat 2012 Checklisten zum Schnittstellenmanagement erarbeitet und online unter http://www.aezq.de/aezq/schnittstellenmanagement zur Verfügung gestellt.

Der „Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege“ des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) liegt bereits seit 2004 vor und wurde zuletzt 2009 aktualisiert. Das DNQP hält auch einen Auditleitfaden zum Entlassmanagement bereit.

Für die Praxis sollten diese beiden Hilfsmittel geprüft werden. Dabei müssen die Anforderungen der beteiligten Abteilungen und Berufsgruppen unter einen Hut gebracht werden, um ein individuelles und vor allem interdisziplinäres Konzept zu erarbeiten, auf das sich alle Beteiligten verpflichten können. Doch zunächst steht eine ebenso interdisziplinäre Analyse der Organisation an, damit das Konzept auch die erfahrungsgemäß häufigsten Störungen im Entlassprozess berücksichtigen und bekämpfen kann:

  • Fehlende Entscheidungs-, Abstimmungs- und Freigaberoutinen zwischen den Hierarchien und Berufsgruppen, vom Stations- und Chef- bzw. Oberarzt über die Pflege bis zum Patientenmanagement.
  • In der Praxis nicht oder entgegen den Regelungen funktionierende Abstimmungen, wenn beispielsweise verantwortliche Ärzte regelmäßig für einzuholende Entscheidungen oder Freigaben nicht greifbar sind (Letzte Klärung Entlassfähigkeit, Freigabe Arztbrief u. ä.).
  • Fehlende oder nicht hinreichende Übergaben und Absprachen im Ärztlichen Dienst oder zwischen Ärztlichem Dienst, Pflegedienst und Patientenmanagement und/oder Sozialdienst.


Die Ursachen dafür, können sowohl in der ungeschickten Koordination und Lage von Teambesprechungen liegen, als auch in weichen Faktoren wie Art und Umfang der gegenseitigen Information und Kommunikation. Häufige Wechsel des ärztlichen Ansprechpartners, sodass sich Informationslücken bei der Dienstübergabe stark auf die Ablauforganisation auswirken.

Gern vergessen: Medizinisch-pflegerische Routinehandlungen, die überflüssig oder nicht passend eingetaktet sind. Beispiele sind Verzögerungen aufgrund einer Abschluss-Bildgebung oder wenn die Entlassung von Laborparametern abhängig gemacht wird, die bei genauem Hinsehen wenig relevant sind.

Mögliche Schwächen der Abläufe müssen durch eine ehrliche Analyse aufgedeckt werden. Dies kann entweder durch ein Audit von Kollegen anderer Abteilungen geschehen, durch Qualitätsmanagementbeauftragte oder andere nicht am Prozess Beteiligte oder von einem externen Berater. Die Auditoren prüfen die Abläufe vor Ort und schlagen Verbesserungen vor. Beide bringen ihre Erfahrungen ein. Externe haben allerdings den Vorteil, dass sie unbelastet vom Alltagstrott und eingeschliffenen Marotten sind und einen Blick von außen liefern können. Sie scheuen sich auch nicht, vermeintlich unbequeme Veränderungen einzubringen.

Für eine umfassende Analyse haben sich folgende Phasen bewährt:

  • Prüfung, ob und welche Regelungen und Prozessbeschreibungen zum Entlassungsmanagement vorliegen und ob diese aufeinander abgestimmt sind.
  • Gespräche mit ausgewählten Beteiligten, um den tatsächlichen Ablauf mit den Regelungen abzugleichen.
  • Begleitung eines typischen Arbeitstages inkl. der Dienstbesprechungen und Übergaben im ärztlichen und pflegerischen Dienst.
  • Stichprobenhafte Sichtung der Patientenakten, um typische Verläufe aufzudecken.

Vorgeschlagene Änderungen sollten in kleinen Runden den betroffenen Führungskräften vorgestellt und in einer Pilotphase auf Praxistauglichkeit geprüft werden. Im Nachgang sollte das Auditorenteam den Projekterfolg prüfen und ggf. weitere Anpassungen vorschlagen.
Ein reibungslos funktionierendes Entlassungsmanagement spart bares Geld, mindert Patientenbeschwerden und ist nicht zuletzt auch ein Beitrag zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Berufsgruppen und Abteilungen. Läuft alles erwartungsgemäß, greifen auch die "faulen Ausreden" nicht mehr und der gesetzliche und persönliche Anspruch des Patienten ist erfüllt.

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